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Andacht zum Karfreitag

Eröffnung

Im Namen des Vaters und des Sohnes

und des Heiligen Geistes. Amen.

 

Gebet

Ich danke dir, mein Gott,

für das Licht, das auch diesen Tag erhellt.

 

Ich mache mich auf, dir zu begegnen, 

ich teile mit dir Sorge und Sehnsucht,

Angst und Vertrauen.

 

Ich mache mich auf, dir zu begegnen.

Ich suche das Wort, das mein Leben trifft.

Ich suche dich in den Stunden dieses Tages.

 

Viele tun das mit mir.

An anderen Orten. Zu anderer Zeit. 

Sei bei uns und verbinde uns in dir.

 

Amen. 

 

Stille

 

Lied · O Haupt voll Blut und Wunden · EG 85

O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn,
o Haupt, zum Spott gebunden mit einer Dornenkron,
o Haupt, sonst schön gezieret mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber hoch schimpfieret: gegrüßet seist du mir!

 

Biblischer Text

Bei Tagesanbruch fassten die führenden Priester mit den Ältesten des jüdischen Volkes den Beschluss, Jesus hinrichten zu lassen. Weil die Stadt unter der Herrschaft der Römer stand und sie selbst nicht die Macht hatten, das Urteil zu vollstrecken, über­gaben sie Jesus an den römischen Gouverneur Pilatus. Als Judas sah, dass sein Verrat zur Verurteilung Jesu geführt hatte, bereute er seine Tat. Er brachte das Geld zurück und sagte zu den Priestern: „Ich habe gesündigt, ich habe einen unschuldigen Menschen verraten.“ Doch die Priester antworteten „Was geht uns das an?“ Da warf Judas das Geld in den Tempel, ging weg und erhängte sich.

Als Jesus vor Pilatus stand, fragte ihn dieser: „Bist du der König der Juden?“ „Du sagst es“ erwiderte Jesus. Die Priester und Ältesten brachten Beschuldigungen gegen Jesus vor, aber er verteidigte sich mit keinem Wort. Pilatus wusste, dass man Jesus nur aus Neid an ihn ausgeliefert hatte. Und so fragte er das Volk: „Was soll ich mit dem tun, von dem es heißt, er sei der Messias?“ Die Priester und Ältesten hatten das Volk gegen Jesus aufgestachelt und so schrien sie: „Ans Kreuz mit ihm!“ „Was für ein Verbrechen hat er denn begangen?“ fragte Pilatus. Doch sie schrien nur noch lauter: „Ans Kreuz mit ihm!“ Pilatus sah, dass er nichts erreichte, der Tumult wurde immer schlimmer. Da ließ er Jesus auspeitschen und übergab ihn den Solda­ten zur Kreuzigung. Die Soldaten schlugen und verspotteten Jesus. Dann brachten sie ihn zur Hinrichtungsstätte. Nachdem sie Jesus gekreuzigt hatten, setzten sie sich nieder und hielten Wache. Am Kreuz hatten sie eine Aufschrift angebracht, die den Grund für seine Verurteilung angab: „Dies ist Jesus, der König der Juden.“

Die Priester und die Leute, die vorübergingen, spotteten: „Anderen hat er geholfen, aber sich selbst kann er nicht helfen. Wenn du Gottes Sohn bist, hilf dir selbst und steig herab vom Kreuz, dann wollen wir an dich glauben.

Um zwölf Uhr mittags brach über das ganze Land eine Finsternis herein, die bis drei Uhr nachmittags andauerte. Gegen drei Uhr schrie Jesus laut: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und er schrie noch einmal laut auf und starb. Im selben Augenblick riss der Vorhang im Tempel von oben bis unten entzwei; die Erde begann zu beben, die Felsen spalteten sich, und die Gräber öffneten sich. Der Hauptmann und die Soldaten, die beim Kreuz Jesu Wache hielten, waren zutiefst erschrocken und sagten: „Dieser Mann war wirklich Gottes Sohn.“ 

Matthäusevangelium, aus Kapitel 27

 

Stille

Lied · O Haupt voll Blut und Wunden · EG 85

 

Ich will hier bei dir stehen,

verachte mich doch nicht;
von dir will ich nicht gehen,

wenn dir dein Herze bricht;
wenn dein Haupt wird erblassen

im letzten Todesstoß,
alsdann will ich dich fassen

in meinen Arm und Schoß.

 

Impuls zum Biblischen Text

„Seht welch ein Mensch.“ Jesus steht vor der Menge, die ihn nieder­schreit. Und Pilatus sagt: „Seht hin.“ So wird Johannes später schrei­ben über diese Szene.

Heute, am Karfreitag, wagen wir es - und sehen hin: Ein Mensch stirbt. Nein, zwei Menschen.     

Da ist Judas. Er will nicht mehr leben. Die Schwere erdrückt ihn. Er hat das alles nicht gewollt. So weiter­leben? Nein. Nicht mit diesen Gefühlen von Schuld, Scham und Scheitern. Nicht einmal mit dem vielen Geld, das ihm dieser Verrat einge­bracht hat.

Aber er hat es doch nur gut gemeint: Sein Verrat sollte Jesus nicht verraten. Jesus sollte seine Macht zeigen gegen die Mächte und Gewalten dieser Welt! Hätte er das nicht gekonnt? In seiner Nähe hatte Judas sich immer sicher gefühlt.

Seht, welch ein Mensch: Der arme Judas. Nun will er die Uhren zurückdrehen. Er bringt das Geld zurück, er setzt sich wieder ein für die gute Sache, wie er es gelernt hat. Er erkennt seinen Fehler, er bekennt seine Schuld. Er geht zu den Priestern.

Doch wie furchtbar diese Erkenntnis: Manchmal ist es zu spät, die Dinge auf Null zu setzen. Die Geister, die Judas rief, sind nun in der Welt. Die Szene ist außer Kontrolle. Das Dunkle hat nichts Anziehen­des mehr. Es über­nimmt die Herrschaft.

In seiner Not kommt Judas zu den Priestern. Ihre Reaktion ist kurz und knapp: „Was geht uns das an?“ Welch eine Frage der Männer Gottes! Wir spüren: Doch, er geht uns was an, dieser Mensch!

Wo bist du, Mensch, der du den Menschen siehst?

Wer öffnet mir die Augen, dass ich sehe?

     

So bleibt Judas allein - und geht hinaus in den Tod. Und wir ahnen: Wer immer wir gerade sind: Priester, Judas oder Zuschauerinnen - diese Geschichte ist geschrieben, damit sie nicht wieder passiert.

 

Stille

Biblisches Gebet aus Psalm 130

Aus der Tiefe rufe ich zu dir:

Herr, höre meine Stimme!

 

Wenn du Herr, Sünden anrechnen willst -

Herr, wer wird bestehen?

Bei dir ist Vergebung, dass man dich fürchte.

 

Ich harre auf dich, meine Seele harret.

 

Bei dir ist die Gnade.   Amen.

 

Auch Jesus erleidet den Tod. Aber er stirbt nicht im Verbor­genen, sondern vor unseren Augen. Mit einem Gebet auf den Lippen, einem Psalm, einem letzten Schrei zu seinem Gott:

     

Biblisches Gebet aus Psalm 22

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

 

Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.

Des Tages rufe ich, doch du antwortest nicht.

Des Nachts, doch finde ich keine Ruhe. 

Meine Kraft ist vertrocknet, wie eine Scherbe,

die Zunge klebt mir am Gaumen

denn du legst mich in des Todes Staub.

 

Mein Gott, sei nicht ferne! Meine Stärke, eile mir zu helfen.

 

Stille

Es ist, als hielte dieser Schrei den Weg zum Himmel offen - in all dem Schweren, das Jesus zuletzt erlebt: Die Geister, die gerufen wurden; der aufgestachelte Mob; ein hilfloser Herrscher ohne Rückgrat; der Neid der eigentlich doch so frommen Menschen; der hämische Spott der Soldaten. Dem allen zum Trotz: Mit dem Tod reißt die Verbindung nicht ab. Denn die, die Jesus ans Kreuz brachten, haben ihn unterschätzt. Die ihn eben noch verspot­tet haben, sprechen aus, was keiner zu sagen wagt: „Dieser Mann war wirklich Gottes Sohn.“

    

Seht, welch ein Mensch: Sein Sterben tut mächtige Gewalten auf.

Der Vorhang zerreißt, die Erde bebt, Felsen zerspringen.   

Und die Gräber öffnen sich! Wo soll das nur hinführen?

 

 Fürbitte und Segensbitte

            (*= Atempause)

Gott, ich bitte dich:

Gib den Verzagten Mut

und erfülle die Verzweifelten mit Hoffnung.*

Schenke den Müden Ruhe

und den Ruhelosen Gelassenheit.*

Bewahre die Kranken

und alle, die für sie sorgen.*

Halte die Sterbenden

und tröste die Trauernden.*

Gib uns Entschlossenheit zum Frieden

und den Willen zur Versöhnung.*

Gott, sei um uns mit deinem Segen.*            Amen.

Freitag, 02. April 2021 um 23:00 Uhr
 
Karfreitag