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Andacht zum Karsamstag

Eröffnung

Im Namen des Vaters und des Sohnes

und des Heiligen Geistes. Amen.

 

Stille

 

Gebet

Christus, mein Bruder -

wie kann ich dir nahe kommen

an diesem Tag?

 

Sprachloses Schweigen

an deinem Grab.

An den Gräbern

meines Lebens.

 

Tastende Hoffnung.

In der Tiefe

bist du.

 

Amen.

 

Biblischer Text

Als Jesus gestorben war und es Abend wurde - es war der Abend vor dem Sabbat, dem Ruhetag - kam Josef, ein reicher Mann, der aus Arimathäa stammte und ein Jünger Jesu war. Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Pilatus ordnete an, der Tote solle Josef

überlassen werden. Da nahm Josef den Leichnam, wickelte ihn in ein reines Leinentuch und legte ihn in die noch unbenutzte Grabhöhle, die er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen. Bevor er fortging, wälzte er einen großen Stein vor den Eingang des Grabes.  Maria aus Magdala und die andere Maria waren dabei; sie hatten sich dem Grab gegenüber hingesetzt.

  

Am nächsten Tag gingen die führenden Priester und die Pharisäer gemeinsam zu Pilatus. „Herr“, sagten sie, „uns ist eingefallen, dass dieser Betrüger, als er noch lebte, behauptet hat: ‚Nach drei Tagen werde ich auferstehen.‘ Befiehl deshalb bitte, dass das Grab bis zum dritten Tag bewacht wird! Sonst könnten seine Jünger kommen und den Leichnam stehlen und dann dem Volk gegenüber behaupten, er sei von den Toten auferstanden. Dieser zweite Betrug wäre noch schlimmer als der erste.“ „Ihr sollt eure Wache haben“, antwortete Pilatus. „Geht und sichert das Grab, so gut ihr könnt!“ Da gingen sie zum Grab, versiegelten den Stein am Eingang und stellten eine Wache auf.

Matthäusevangelium, aus Kapitel 27

 

Dazwischen

 

Karsamstag. Es ist der Tag danach. Und es ist der Tag davor. Im Schwebezustand dazwischen, da schweigen Glocken, Orgeln und auch die Menschen werden stumm. Die Hammerschläge sind verhallt. Das höhnische Gelächter ist vorbei. Das Stöhnen der Sterbenden ist einer großen Stille gewichen. Totenstille. Schockstarre. Gespannte Erwartung.

Wo sind sie plötzlich alle hin? Wo sind seine Freunde jetzt, wo Jesus tot ist? Judas hat sich das Leben genommen. Die anderen sind kopf­los davon gelaufen. Sie versuchen unterzutauchen. Sie haben Angst, auch so zu enden, wie er. Einige Frauen sind in Sichtweite geblieben.

Da taucht einer auf, der sich bisher im Hintergrund gehalten hat: Josef, ein reicher Mann, ein heimlicher Sympathisant, ein Mitglied des Hohen Rates. Er nimmt all seinen Mut zusammen und denkt gar nicht groß nach. Jetzt ist es ihm egal, was die Leute sagen werden. Er hört auf sein Bauchgefühl und tut, was dran ist: Jesus kann da nicht bleiben. Nackt und geschunden. An diesem Ort. Am Kreuz. Ausge­liefert. Jemand muss sich um den Leichnam küm­mern. So schnell vor dem Feiertag kann Josef kein Grab mehr herrich­ten. Aber sein eige­nes Grab, das ist schon fertig. Das soll Jesus haben. Josef geht zu Pilatus und klärt alle Formalitäten. Er kauft ein Leinen­tuch und wickelt den geschundenen Leib darin ein. Er legt ihn über seine Schulter und geht los. In der Grabeshöhle bettet er ihn und ver­schließt das Grab mit einem Stein.  

Tote zu bestatten ist ein Akt der Barmherzigkeit. Es geht um Mensch­lichkeit und Menschenwürde. Das duldet keinen Aufschub. Man muss es tun, wenn es dran ist. Im Nachhinein ist es ­­leicht zu sagen: Schämt euch, Petrus, Simon und Andreas, dass ihr Jesus allein gelas­sen habt! - In diesem Zwischen­zustand aber ist alles noch offen. Wer weiß, wie Pilatus reagieren wird? Wird Josef durch das, was er tut, Probleme bekommen?

Ich erlebe die Pandemie unserer Tage auch als einen solchen Zwischenzustand. Die Welt wartet ab, was kommt. Alles ist noch offen. Ständig gilt es abzuwägen: Welches Risiko gehe ich ein?

Und wie bleibe ich dabei menschlich, barmherzig?

An diesem Karsamstag denke ich an alle, für die die Toten dieser Pandemie nicht nur Zahlen in einer Nachrichten-Sendung sind. Sie wissen oft nicht, was zu tun das Richtige ist. Sie sind hin- und hergerissen und haben manches Mal das Gefühl, sich nur falsch entscheiden zu können: Die Frau, die damit hadert, dass sie ihren sterbenden Mann im Krankenhaus nicht besuchen darf. Soll sie das einfach so hinneh­men? - Die Seelsorgerin, die mit sich ringt, ob eine Aussegnung am Sterbe­bett verantwortbar ist. - Der Bestatter, der mit Corona-Toten anders umgeht. Er will sie mit Würde behandeln und muss doch vorsichtig sein.

Sie und wir alle bewegen uns zwischen Erstarrung und Zuversicht im Schwebezustand. Wir haben uns in den eigenen vier Wänden ein­geigelt. Dort hoffen wir auf Impfung und auf bessere Zeiten. Gleichzeitig vermissen wir die körperliche Nähe und Zuwendung, die Mitmenschlichkeit. Wie sehr, das spüren wir besonders, wenn jemand gestorben ist.

 

Wie gut würde es uns tun, wenn wir wie Josef wüssten, was zu tun ist.

 

Stille

 

Vaterunser  

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme, dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute,

und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich,

und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit,

Amen.

 

Segensbitte

Gott, sei um mich mit deinem Segen. Amen.

Samstag, 03. April 2021 um 23:00 Uhr
 
Karsamstag